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Reise

Havanna – Eine Metropole mit einmaliger Atmosphäre

Oldtimer in La Habana Vieja

Havanna ist eine der größten Metropolen der Karibik und fasziniert bereits seit Jahrzehnten immer wieder aufs Neue. In der Tat verfügt die kubanische Hauptstadt über eine einmalige Atmosphäre.

Oldtimer in La Habana Vieja

Viele Europäer haben ein relativ deutliches Bild von Havanna vor Augen, das zu großen Teil auf Wim Wenders’ Erfolgsfilm „Buena Vista Social Club“ zurückgeht: Anmutige US-Oldtimer kurven durch die von Palmen gesäumten Straßen, und in den Hauseingängen der langsam verfallenden kolonialen Prachtbauten sitzen alte Kubaner und musizieren. Wer selbst einmal nach Havanna kommt, wird feststellen, dass vieles davon wirklich stimmt – und dass die Stadt doch weitaus vielfältiger ist.

Ein Spaziergang durch die Altstadt „La Habana Vieja“ ist auch heute noch wie ein Gang durch ein architektonisches Freilichtmuseum. Die kubanische Hauptstadt bietet so viele Sehenswürdigkeiten, dass wir sie in einem eigenen Artikel behandeln. Vielmehr soll es hier um die ganz besondere Atmosphäre im Zentrum Havannas gehen.

Improvisation ist das halbe Leben

Koloniale Straße in Havanna

Die „Villa San Cristóbal de La Habana“ war schon zu Zeiten der spanischen Kolonialherrschaft eine wichtige Hafenstadt und das kulturelle Zentrum Kubas. Nach der Unabhängigkeit Kubas entwickelte sich die stolze Metropole zum „Rotlichtbezirk“ der USA. Glücksspiel, Prostitution und rauschende Feste zogen auch Mafiabosse aus dem großen Nachbarland an. Die Revolutionäre um Fidel Castro und Che Guevara machten diesem Treiben schnell den Gar aus. Als Kuba nach dem Ende der Sowjetunion in eine schwere Wirtschaftskrise geriet, verfielen auch die schönen Paläste und Gebäude in der Innenstadt zusehends. Doch es entstand auch eine einmalige und besondere Atmosphäre in der Stadt. In den einstigen Stadtvillen, wo früher reiche Großgrundbesitzer wohnten, teilen sich heute mehrere Arbeiterfamilien den Wohnraum. Und da auf Kuba niemand mehr viel besitzt, ist auch der Alltag der „Habaneros“ geprägt von Improvisation und Mangel – aber auch von großer Lebensfreude und Kreativität.

Eine ganz andere Welt

Für Touristen aus Europa, vor allem für jene, die zum ersten Mal in der Karibik sind, mag das Treiben auf den Straßen anfangs eine Herausforderung darstellen. Man könnte meinen, dass jeder „Habanero“ etwas zu verkaufen hat – egal, ob Erdnuss-Tüten, Fahrten in historischen Pferdefuhrwerken, private Stadtführungen oder ein Essen im „Paladar“-Restaurant seines Bruders/Schwagers.

Koloniales Gebäude, Havanna, Kuba

Wenn sich zu den Leuten mit redlichen Absichten auch noch die sogenannten „jineteros“ gesellen, also die Drücker, die unbedarften Touristen auf fast schon aggressive Weise minderwertige Ware andrehen oder sie in obskure Gaststätten in dunklen Nebengassen locken wollen, dann ist der erste Eindruck vermutlich kein Guter. Doch jedem sollte bewusst sein, dass diese Betrüger nur ein unschönes Nebenprodukt der Umstände sind. Auf Kuba herrscht nun einmal wirtschaftliche Not, während viele Touristen aus dem Westen mit ihrem Reichtum protzen. Befolgt man als Besucher ein paar einfache Verhaltensregeln und beherrscht genug Spanisch, um sich mit den „jineteros“ zu unterhalten, wird deren Benehmen deutlich angenehmer.

Das bunte Leben auf den Straßen Havannas

Lachende Kinder in Havanna, Kuba

Dann lässt sich die einmalige Atmosphäre auf den Plätzen und in den Straßen der Altstadt viel besser genießen. An der Plaza de Armas verkaufen dutzende Buchhändler revolutionäre Literatur von und über Fidel und Che – und zwar beileibe nicht nur an Touristen. Auf den Balkonen der verfallenden Häuser hängen alte Frauen ihre Wäsche auf. In den Hauseingängen sitzen Menschen verschiedenen Alters und Geschlechts und spielen Karten oder singen. Auf den Straßen flanieren verliebte Paare, oder kleine Kinder rennen lachend umher. Vor den Türen der berühmten Hemingway-Bars wie der „Bodeguita del Medio“ oder dem „Ambos Mundos“ gesellen sich die Kubaner zu den Touristen und erklären ihnen, dass der Schriftsteller zwar Amerikaner war, aber trotzdem ein guter Typ. Und überall ist Musik. In den Freischankflächen vor den Hotels spielen Son- und Salsabands die bekannten Hits, doch auch in den Nebenstraßen kann man Musiker antreffen, die halb versunken für sich selbst spielen und singen.

Strandpromenade in Havana, CubaEin Spaziergang am Malecón setzt der Erfahrung das Sahnehäubchen auf. Hier sitzen zu jeder Tages- und Nachtzeit Gruppen von Kubanern auf der Steinmauer am peitschenden Meer. Manche singen, andere küssen sich, andere diskutieren über Politik. Und nicht wenige scheinen sehnsüchtig in die Ferne zu blicken. Kubaner und ganz besonders die Bewohner Havannas sind ständig gefangen zwischen den alltäglichen Einschränkungen des Sozialismus und dem Willen, aus allem das Beste zu machen. Wer Havanna besucht, sollte nicht nur ein Auge für die zweifellos tollen Gebäude und Plätze der Altstadt haben, sondern auch diese ganz besondere Atmosphäre in den Straßen aufsaugen.

Article written by:

Mark Read schreibt als Gastautor für das Lateinamerika-Magazin. Die Erfahrungen seiner Reise durch Kuba hat er in einem Bericht festgehalten, den man als eBook kaufen kann. Mehr Informationen über Mark gibt es auf seiner Homepage.

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