Das Vorzeigeschild der Exotica-Musik aus Peru: Yma Sumac mit ihrem Klassiker-Album „Mambo!“.
Yma Sumac – „Mambo!“
Capitol Records / 1954
Brasilien / Exotica, Mambo
Hilfe! Die Dame auf dem Cover wirkt mit ihren ausgestreckten Armen, im bengalischen Rot und mit ihrem katzenartigen Make up wie ein weiblicher Luzifer, wie ein männerfressender Vamp. Und so ist auch die Musik. Es werden keine Gefangenen gemacht. In „Bo Mambo“ bekommen die grunzenden Saxophone ein Echo in den stechenden Trompeten. Yma Sumac singt zwischen flüsternd-verführerisch und opernhaft-trällernd mit vulkanartigen Ausbrüchen. Da stottern die Trompeten dazwischen, zum Schluss schraubt sich Sumac hoch, dass die Fensterscheiben klirren. Die Peruanerin hatte eine der besten Stimmen aller Zeiten mit einem Tonumfang von bis zu viereinhalb Oktaven, von B1 bis F#7. Auch in „Taki Rari“ trällert die Königin der Exotica-Musik wie eine Nachtigall. Hier gelingt die Umsetzung der Melodik der Anden in Jazz. „Gopher Mambo“ ist einer ihrer Top-Songs und wurde oft als Filmmusik genutzt. Klingt teilweise, als käme nun der große Hund aus einem Zeichentrickfilm. Bei so viel weiblicher Übermacht dürfen die Männer hier nur mal kurz „Hui!“ dazwischen rufen. Das ist irgendwie lustig. Den Ton am Schluss hält sie ganze fünf Sekunden lang. Mal nachmachen! Auch im „Chicken Talk“ singt sie in völlig unterschiedlichen Höhenlagen. Vorsicht bei den leisen Stellen! Da kann man schon mal aufgeschreckt werden. Mal wirkt Sumac mystisch, mal lacht sie dämonisch. In „Malambo No. 1“ stottern die Trompeten. Dann ein Kiekser, der es in sich hat, so einer, wenn man Damen in den Hintern zwickt. Die Ohrfeige kommt sofort, Sumac graunzt böse wie eine Raubkatze zurück. Unglaublich, wie sie unisono mit den schmetternden Trompeten singt. Dieser Mambo ist zwar am Rande einer Parodie, aber so dynamisch-energetisch, dass er vielleicht das Latin-Stück überhaupt ist. Im „Five Bottles Mambo“ hört man Schläge auf der Flasche, dann messerscharfe Trompeten und einen Gesang, bei dem man das Augenrollen hören kann.
Yma Sumac war eine der ersten Latin-Weltstars, auch in Osteuropa. Es rankten sich Legenden um sie, wie dass sie eine entführte Inka-Prinzessin sei, ihr Name rückwärts gelesen ihr eigentlicher Name sei und ähnlicher Blödsinn. Einmal nahm sie sogar Musik der Kannibalen auf. In den 90er Jahren wurde sie in der amerikanischen Gay-Szene wieder entdeckt. Die Musik auf dem Album stammt von Ehemann Moisés Vivanco, mit dem sie zweimal verheiratet war. Mit ihm lieferte sie sich pressewirksame Schlachten, wie auch ihr letzter Deutschlandauftritt in Berlin in den Neunzigern angeblich damit endete, dass sie den sie begleitenden Pianisten eins mit dem Blumenstrauß überbriet, weil der ihr zu schlecht spielte. „Mambo!“ ist nicht nur ihre emotionalste Platte, sondern ein Meisterstück der Exotica-Musik. Unerbittlich singt sie alles an die Wand und bis heute kann ihr keine(r) das Wasser reichen.