Wir haben wieder eine neue Ausgabe der Latin Music News für euch.
Die passende Radioshow von DJ Hans findet ihr auf Mixcloud oder direkt hier:
Ana Carla Maza – „Bahía“
Persona Editorial Ltd, Broken Silence
Kuba / Jazz, Latin, Cello
Nur Cello und Gesang – und damit Latin? Man mag skeptisch sein, aber bei Ana Carla Maza funktioniert das auf beeindruckende Weise. Bei ihr swingt immer ein guter Rhythmus mit und starke Melodien bestimmen die Stücke. Da braucht es tatsächlich nicht mehr. Son und Tango, Bossa Nova und Chanson, Klassik und etwas Jazz sowie lateinamerikanische Folklore vereinen sich in ihrer Musik. So basiert das Stück „Huayno“ auf den Quechua-Rhythmus und –Tanz Perus. Atmosphärisch erinnert das Album „Bahía“ etwas an die Musik der argentinischen Schwestern Las Hermanas Caronni. Man darf gespannt sein, wie sie ihren Weg geht.
Omar Sosa & Marialy Pacheco – „Manos“
SKIP Records, Soulfood
Kuba / Jazz
Als zwei kubanische Ausnahmepianist(inn)en werden Omar Sosa und seine Kollegin Marialy Pacheco gerne bezeichnet. Derer gibt es aus Kuba viele. Bei diesem Duo-Klavierkonzert in Bonn geschieht allerdings eher eine Ernüchterung. Lange tasten sich beide mit belanglosem Spiel voran, welches weder so richtig aus Kuba noch aus dem Jazz kommen mag, vielmehr aus impressionistischem Harmoniegewabere und Endloswiederholungen. Das wurde in seiner Art von Leuten wie Keith Jarrett schon wesentlich spannender präsentiert. Dass hier zwei aus Kuba am Werk sind, merkt man erst nach über der Hälfte der Zeit und ansatzweise, wobei es das Publikum sofort goutiert. Nun müssen Kubaner nicht immer kubanisch spielen, aber einfallsreich sollte es sein und die Messlatte für kubanische Pianisten liegt hoch. Einzig das ambientartige „Cambodian Smiles“ hat eine intensive Stimmung, wenn es auch im Sinne von Ambient nur Durchschnitt ist. Marialy Pacheco konnte vor Jahren mit der Interpretation des kubanischen Klassikers „El Manisero“ überzeugen und der kommt hier zum Schluss. Und erst jetzt blühen die beiden etwas auf. Hätte man sich früher überlegen sollen. Leider muss man insgesamt sagen, was hier vier Hände spielen, macht ein Chucho Valdés schon mit einer.
„Musicación 4 ½ – 50th Anniversary Remastered Reissue“
Verschiedene Künstler
Sonamos, Crammed Discs, Indigo (CD) / PIAS (digital)
Uruguay / uruguayischer Tropicália, Singer-Songwriter
Bei diesem Album handelt es sich um eine Wiederveröffentlichung eines für die uruguayische Szene der 1970er Jahre wichtigen Albums, welches von der argentinischen Musikerin Juana Molina ermöglicht wurde. Molina hat mit experimentellem bis ätherischem Electro-Folk Karriere gemacht. Zur Wiederveröffentlichung gründete sie extra das Label Sonamos. Das Album entstand während der Militärdiktatur in Uruguay im Jahr 1971 und kommt jetzt als gemasterte Original-LP, mit umfangreichem Booklet sowie einer zweiten LP mit sechzehn bislang unveröffentlichten Stücken heraus. „Musicasión“ war eine 1969 gestartete Veranstaltungsreihe einer uruguayischen Künstlergruppe, die eine für damalige Verhältnisse anspruchsvolle Mixtur aus Theater, Lyrik, improvisierten Bühneneffekten und Musik zusammenbrachte. Man könnte die Reihe auch als eine Art uruguayische Version der brasilianischen Tropicália betrachten, denn Musicasión betraf verschiedene Kulturgenres und hatte bezüglich der Texte auch mit der Zensur zu kämpfen. Auch vermischten sich hier Musikstile, insbesondere ist eine Elektrifizierung der Singer-Songwriter herauszuhören. Die Musik erreicht nicht den ausgeflippten und provokativen Charakter mancher Stücke aus der Tropicália und wirkt mit heutigen Ohren vergleichsweise brav, wenngleich die Melodien eingängig und melancholisch sind. Es ist auch die Frage, ob der Vergleich mit der Tropicália sinnvoll ist. Hier geht es um uruguayische Künstler, die von der weltweiten Aufbruchstimmung der Jugend- und Protestbewegungen mit infiziert waren und etwas Besonderes wagten: eine interdisziplinäre Kulturaktion. Damit waren sie in der Uruguay damals gewiss Pioniere, stießen nur auf weitaus weniger Interesse wie die Tropicalisten. Erst später hatten der Singer-Songwriter und Komponist Eduardo Mateo und der Lyriker, Schauspieler und Theaterregisseur Horacio Buscaglia ihre Nachwirkungen. Weitere beteiligte Musiker waren Diane Denoir, Urbano Moraes und die Band El Kinto. Juana Molinas Vater Horacio Molina kannte Mateo, weshalb dies auch ein sehr persönliches Projekt für Juana ist. Andererseits mag es interessant sein, einmal zu hören, wie wagemutige Künstler aus Uruguay in der Zeit klangen, als die Tropicalisten schon längst im Exil waren.
Juanita Euka – „Mambanzo“
Strut Records, K7, Indigo
Argentinien, England, Kongo / Crossover-Afrolatin
Eine Stilvermischung ganz anderer Art macht die Sängerin Juanita Euka und das 50 Jahre später, was natürlich zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führt. Euka ist die Nichte des legendären kongolesischen Rumba-Sängers Franco, wuchs aber in Argentinien auf und lebt in London. Dort arbeitete sie mit dem London Afrobeat Collective, der Cuban-Fusion-Band Wara und der Latin-Afro-Big Band Aminanz, man spürt aber auch starke R&B-Einflüsse. Dass sie ihre Texte auf Englisch, Spanisch, Französisch und Kreole singt, dürfte hierbei nicht verwundern. Ihre ganzen Einflüsse vermischt sie auf „Mambanzo“ zu einer die Kontinente Amerika, Europa und Afrika verbindenden Musik, was durchaus charttauglich wirkt. Im eigentlichen Sinn ist sie eine R&B-Sängerin, deren musikalische Begleitung eher im Afropop oder Latinrhythmen als in Soul oder Funk zu suchen ist, wobei sie weder als Afro- noch als Latinsängerin durchgehen dürfte. Aber wen schert das? Mit diesem Konzept ist sie derzeit bei weitem nicht alleine, sondern vielmehr Teil einer neuen Generation, die sich im Rhythmpool schwarzer Musik bedient und stark nach dem Sound der Popmusik schielt. Es ist somit auch ein Weg, wie Latin Music heute teilweise wiederzufinden ist.