In unserer Reihe Klassiker-Alben aus Lateinamerika wird heute Lucas Santtanas „Sem Nostalgia“ vorgestellt – ein moderner Klassiker.
Lucas Santtana – „Sem Nostalgia“
Mais Um Discos, Kartel, Indigo / 2011
Brasilien / Alternative Music
Einen neuen Weg mit altem Stil geht Lucas Santtana. „Sem Nostalgia“ – „keine Nostalgie“ nennt der aus Bahia stammende Singer/ Songwriter sein Album. Er setzt damit an der Tradition der „voz e violão“-Musiker an, ohne ein Retro-Produkt abliefern zu wollen und versetzt sie ins neue Jahrtausend. Santtana ist eine Gallionsfigur der neusten brasilianischen Welle, die man eigentlich als Neo-Tropicália bezeichnen müsste. Diese zehrt noch stark von der Manguebeat-Bewegung und benutzt Elemente von Electronica, Psychedelic Rock und New Wave. Lucas Santtana hat dagegen einen eher sanften Gesangs- und Gitarrenstil, den er unerwartet mit Electronica-Sounds und Studioeffekten bricht und gerne mit psychedelischen Arrangements würzt. Insofern wirkt er wie ein Mix aus Celso Fonseca, Arto Lindsay und Tom Zé. Gleich zu Beginn erwarten einen Loops aus akustischen Saiteninstrumenten. Seinen Gesang mixt er manchmal mit Rückwärtseffekten und er singt abwechselnd auf Portugiesisch und Englisch. Am typischsten ist sein „Recado Para Pio Lobato“, das neben den experimentellen Elementen auch afrikanische wie melancholische Wirkungen aufweist und mit einem äußerst zittrigen Gitarrensound aufhorchen lässt. Gemixt hat das Stück der vielleicht kreativste Brasilianer am Mischpult, Rica Amábis. „Cá Pra Nós“ dagegen wirkt wie mit einem ganzen Mandolinenorchester untermalt. Ein neues Zeitalter scheint in Brasilien angebrochen zu sein, bei dem Lucas Santtana zu den Pionieren gezählt werden muss.