Alle zwei Monate werden an dieser Stelle neue Alben aus der lateinamerikanischen Musikszene in unserer Serie Latin Music News (LMN) vorgestellt. Diesmal mit Musik aus Argentinien, Kuba und Brasilien.
Duo Dorado – „New Colors From Argentina“
Acoustic Music Records, Rough Trade
Argentinien / Folk-Jazz
Argentinische Musik einmal völlig anders wahrnehmen kann man mit dem Duo Dorado, bestehend aus Gitarrist Carlos Dorado und Vibraphonist Lucas, seinem Sohn. Eigentlich gibt es für diese Herangehensweise an argentinischer Folklore nichts Vergleichbares. Die ungewöhnliche Instrumentierung und Spielweise betont vor allem die Schönheit der Melodien, da das Duo sich nicht in spieltechnischen Improvisationsabenteuern verstrickt, sondern die Sanftheit des Klangs ihrer Instrumente unterstreicht. Die manchmal fast meditative Stimmung verfremdet insbesondere Melodien, wie man sie auch aus der Andenfolklore kennt. Es entsteht eine völlig neue Wahrnehmung. Auf der anderen Seite überrascht das Duo mit rhythmischer Raffinesse. Es setzt seine Instrumente auch öfter als Perkussion ein und die Gitarre imitiert z. B. die Charango, eine Art zehnsaitige Ukulele, die typisch für die Andenfolklore ist. Höhepunkt ist aber „Naranja Y Gris“, das an die Art der wunderbaren Kompositionen des spanischen Liedermachers Luis Pastor erinnert.
Buena Vista Social Club – „Lost And Found“
World Circuit, Indigo
Kuba / Son
Das Orquestra Buena Vista Social Club geht dieses Jahr auf Abschiedstournee und um dies zu befeuern, gibt es eine neue CD mit bisher unveröffentlichtem Material des Original BVSC. Manche Aufnahmen stammen aus der legendären Session von 1996, andere aus späteren Projekten. Das Album besteht entsprechend der „Resteverwertung“ aus einer Mischung von akzeptablen Gesangsnummern, etlichen teilweise verzichtbaren Instrumentalsessions sowie Konzert-Mitschnitten, die hier noch zu den Highlights gehören wie das bekannte „Bruca Manigua“ mit Ibrahim Ferrer. Hervorheben sollte man bei diesen Aufnahmen einmal den Posaunisten Jesus „Aguaje“ Ramos, der eher zu den Sidemen gehört. Für Fans des BVSC gewiss ein Muss und die letzte Gelegenheit, noch unbekanntes Material der kubanischen Helden zu hören. Das Cover wirkt allerdings schon wie ein Abgesang und vielleicht sind es dieses Album und die Tournee auch. Schließlich dürfte mit der Entspannungspolitik Obamas gegenüber Kuba ja dort jetzt ein neues Zeitalter anbrechen.
Hamilton de Holanda – „Bandolim“
MPS, Edel
Brasilien / Instrumental
Der Bandolim ist sozusagen die von acht auf zehn Saiten erweiterte brasilianische Variante der Mandoline. Wenn dieses Instrument in den letzten Jahren in den Blickpunkt der internationalen Musikszene getreten ist, dann ist es vor allem Hamilton de Holanda zu verdanken. Er hat das Instrument aus seinem traditionellen Kontext heraus weiterentwickelt. De Holanda zeigt, dass man mit der Bandolim im Grunde alle Stile und Spielweisen ausführen kann. Der Bandolim ist historisch sehr dem Choro verbunden, de Holanda kooperiert aber lieber mit Musikern, die dafür untypisch wären. Auf dem Album sticht dabei besonders der Harmonikaspieler Gabriel Gross hervor, de Holanda spielte aber auch oft mit bekannten Pianisten zusammen. Das vorliegende Album ist eine Kompilation aus vier seiner Alben und sollte helfen, ihn hierzulande bekannter zu machen. In Brasilien zählt er zu den einflussreichsten Instrumentalisten und hat dort bereits 28 Alben veröffentlicht. Ein kreativer Tausendsassa also, der das brasilianische Pendant zum amerikanischen Mandolinenpapst David Grisman ist. Dieser vollzog mit der Mandoline eine einflussreiche stilistische Erweiterung des Bluegrass in Richtung Jazz bereits in den 1970ern, die zur „New Acoustic Music“ führte, ein Etikett, das auch in seiner Offenheit zu de Holanda passen könnte. Entsprechend hört man in seinen Stücken nicht nur brasilianische Stile wie Samba oder Choro, sondern auch Swing, spanische oder portugiesische Musik. Und de Holandas Virtuosität verführt schnell dazu, das Wort „unerreicht“ zu benutzen. Höhepunkt ist vielleicht das hypnotische „Guerra E Paz I“, in dem er mit Milton Nascimento korrespondiert.