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Klassiker-Alben aus Lateinamerika: Djavan – „Bird of Paradise“

Djavan – Não é azul mas é mar

Unregelmäßig werden an dieser Stelle Klassiker-Alben aus der lateinamerikanischen Musikszene vorgestellt. Diesmal Djavans MPB-Album „Bird of Paradise“.

Djavan – Bird Of ParadiseDjavan – „Bird of Paradise“

(Original: „Nao é Azul Mas é Mar“)
CBS / 1985
Brasilien / Música Popular Brasileira

Als der Sänger Djavan 1985 diesen Meilenstein der brasilianischen Popmusik veröffentlichte, war er knapp davor, eine internationale Legende zu werden. Das Album wurde auch in englischer Sprache aufgenommen – was Djavan sehr gut hinbekam – und zwei Jahre später coverten Manhattan Transfer ihn mit „Brasil“ über ein ganzes Album. Djavans Gesang ist immer auf der Kippe zum Scatten, weshalb CBS damals versuchte, Djavan als eine Art brasilianischen Al Jarreau zu vermitteln. Heute ist Djavan in Brasilien immer noch ein Superstar, in Deutschland sind brasilianische Stars inzwischen leider aber wieder rarer geworden.

Der Titelsong „Bird of Paradise“ ist ein sanfter Reggae mit düsigen Keyboards, akzentuiertem Bass und komplexer Perkussion wie es sanfter kaum geht. Dazu die schmeichlerische Stimme Djavans.

Sein Gesang regt generell zum Mitsummen an und klingt trotz einer meist komplexen Songstruktur immer unangestrengt. Seine Harmonien sind oft dem Jazz entliehen. Ein Song von ihm kann schon mal bis zu 50 für den normalen Gitarristen eher unbekannte Akkorde beinhalten. Es sind aber auch Anleihen aus Funk und Bossa Nova auszumachen.

Aber Djavan ist musikalisch eine eigene Welt. Typisch ist sein „Fingerschnipp“-Groove, mit dem Lieder wie „Madness“ anfangen. Komplexe, unkonventionelle Rhythmen sind eine weitere Spezialität. Um Djavans Drummer (hier der versiert und lässig aufspielende Harvey Mason mit Perkussionist Paulinho da Costa) dürften ihn viele beneiden.

Djavans Texte sind voller anspruchsvoller Poesie und Metaphern, wagen aber auch mal politische Themen. Man sollte sich mal bewusst werden, dass ein Sänger wie Djavan in Brasilien auch nicht anders konsumiert wird wie bei uns Schlagerstars. Deren musikalisches und textliches Anspruchsniveau überbietet er um Lichtjahre, was viel über den musikalischen Stand Brasiliens MPB sagt.

Einer der Höhepunkte des Albums ist „Stephen’s Kingdom“, das dem südafrikanischen Freiheitskämpfer Stephen Biko gewidmet ist. Faszinierend, wie der straighte Beat zur Steigerung immer wieder variiert wird. Djavans Stil hat sich bis heute wenig verändert, was zeigt, dass er inzwischen ein zeitloser Musiker ist, der schon vor rund 30 Jahren einen Sound kreierte, der bis heute uneingeschränkt modern klingt.

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Hans-Jürgen Lenhart schreibt als regelmäßiger Gastautor für das deutsche Lateinamerika-Magazin Latin-Mag. Er ist Musikjournalist und seit über 20 Jahren Experte für Latin Music. In der Artikelserie Latin Music News berichtet er alle zwei Monate über Neuerscheinungen in der lateinamerikanischen Musikszene.

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