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Perkussion aus Brasilien: Airto Moreira – „Promises Of The Sun“

Airto Moreira – „Promises Of The Sun“

Das Klassiker-Album „Promises Of The Sun“ des Meisters der Perkussion Airto Moreira ist nach fast 40 Jahren erstmals als Download verfügbar.

Airto Moreira – „Promises Of The Sun“Airto Moreira – „Promises Of The Sun“

Arista, RCA, Legacy / 1976
Brasilien / Fusion Jazz

Brasilien? Trommeln? Ist zwar ein Klischee, aber wenn schon, dann lass drauf hauen. Und dazu ist der Großmeister der Perkussion immer noch der Beste: Airto Moreira. Mit seiner Batucada namens „Batucada“ gleich zu Beginn des Albums „Promises Of The Sun“ hat er ein Trommelstück geschaffen, das bis heute Maßstäbe setzt. Es bringt die Boxen zum Zittern, das muss man gehört haben – also laut hören! Batucadas gibt es zwar viele, aber hier stimmt eben alles: Sound, Beat, Dynamik. Mit „Zuei“ zeigt Airto danach, dass er es auch leichtfüßig kann, wie er überhaupt nicht nur ein Meister des Rhythmus, sondern auch ein Meister des Klangs der Perkusssionsinstrumente ist. Wegen Airto wurde die Kategorie Perkussion im weltweit wichtigsten Jazz Poll des „Downbeat“ Jazzmagazins 1972 eingeführt, die er seitdem über 20 Mal gewann. Sein Arsenal ist legendär: Vogelstimmen, Ratschen, Triangel, Berimbau, selbstgebaute Perkussion, von Congas und Bongos gar nicht erst zu sprechen. Und natürlich ist er an den Drums genauso gut. Live kann er allein die Handtrommel Pandeiro so geschickt spielen, dass man meint, eine ganze Sambatruppe zu hören. Sein Spiel verschaffte ihm Engagements bei Jazz-Berühmtheiten wie Miles Davis, Weather Report oder Return To Forever, aber auch bei Santana.

Trotzdem er eigentlich dem Jazzrock / Fusion Jazz zugeordnet werden muss, war er immer in der Lage, auch eingängige Melodien mit Hitpotential zu komponieren. Auf dem Album höre man sich „Circo Marimbondu“ an. Das geht danach nicht mehr aus dem Ohr. Vielleicht hätte er aus diesem Talent sogar noch mehr machen können, denn ihm gelang indirekt sogar einmal ein Sommerhit. 1997 remixten die Bellini Brothers den Schluss seiner „Celebration Suite“ vom Album „I’m Fine How Are You“ aus dem Jahr 1977 und hatten damit einen Nr. 1-Hit in über 26 Ländern. Immerhin gab das gute Tantiemen.

Neben dem für Brasilien typischen textlosen Gesang ist ein weiteres Charakteristikum die klangliche Atmosphäre der Musik, insbesondere wenn Airtos Ehefrau, die bekannte Jazzsängerin Flora Purim mitsingt. Auf „Georgiana“ swingt zunächst der geniale Posaunist Raul De Souza im Tempoteil. Im ruhigeren zweiten Teil hört man Purims fast durchgeknallten Gesang mit viel Hall, der eine hypnotische Stimmung erzeugt. Man wähnt sich im Urwald, überall klappert und zirpt es. Da spreche noch mal einer von Psychedelic Latin. Mit Stücken wie diesen haben die Beiden schon vor fast 40 Jahren dazu gezeigt, was das heißt. Wie sehr Perkussion Klang sein kann, höre man sich auch auf Airtos Filmmusik zu „Apocalypse Now“ an (veröffentlicht als The Rhythm Devils – „Apocalypse Now Sessions“). Dschungel pur.

Inzwischen ist der Meister 74 und geht wohl nicht mehr groß auf Tournee und seit 2003 gab es auch kein neues Album mehr von ihm. Umso mehr Grund sich zu freuen, dass „Promises Of The Sun“ seit Mai 2015 als Download-Album wieder zu bekommen ist. Ein in jeder Hinsicht unerreichtes Album.

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Hans-Jürgen Lenhart schreibt als regelmäßiger Gastautor für das deutsche Lateinamerika-Magazin Latin-Mag. Er ist Musikjournalist und seit über 20 Jahren Experte für Latin Music. In der Artikelserie Latin Music News berichtet er alle zwei Monate über Neuerscheinungen in der lateinamerikanischen Musikszene.

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