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Konzerte

Santana – so, wie man sie sich wünscht (Konzertbericht)

Konzertbericht – Santana, Mainz, 2018

Konzert am 24.06.2018 im Volkspark, Mainz

Santana – diese Band sollte nicht fehlen auf unserer Seite, ist sie doch die weltweit immer noch bekannteste und erfolgreichste Band für Latin Music bzw. Latin Rock. Was Santana heute ausmacht, konnte man am 24.6.2018 Open Air im Mainzer Volkspark sehen. Um es vorweg zu sagen: Santana bot eine perfekt inszenierte Show mit einem fast chronologischen Überblick über ihre Karriere, bei der trotz der vielen Einflüsse, die die Band wahrnahm, alles aus einem Guss klang.

Konzertbericht – Santana, Mainz, 2018

Interessant war der Ablauf der Show. Es begann mit einer über viertelstündigen Fotoshow zu den Sechzigern – Santana wurde 1966 gegründet – mit all den Erinnerungen, die man zu dieser Zeit hat: Hippies, Art Deco-Konzertplakate, Woodstock, Lightshows, Protestbewegungen gegen den Vietnamkrieg und für die Bürgerrechte der Afroamerikaner. Am Ende des Konzerts gab es dann noch einmal solche Statements zu sehen. Einerseits sind es überstrapazierte Klischees, andererseits zeigt sich, dass Aussagen wie „Love, Peace and Understanding“ heute nicht minder notwendig sind als vor 50 Jahren und warum sollte gerade eine Leitfigur wie Carlos Santana dies nicht auch an die jüngste Generation vermitteln, die Vietnamkrieg und Woodstock nur aus Opas Erzählungen kennt. Vergessen wir mal nicht, dass Carlos Santana als geborener Mexikaner heute in Zeiten Trumps vielleicht gar keine so idealen Chancen hätte, in den USA groß herauszukommen. 1965 wurde er dann amerikanischer Staatsbürger. Interessant war aber auch, dass die Fotoshow nicht etwa von Latin Rock unterlegt wurde, sondern von der Musik Miles Davis‘ aus dieser Zeit. Geschickt gab Carlos Santana damit Hinweise auf seine ebenfalls vorhandenen Interessen im Jazz, die er in den frühen Siebzigern wahrnahm, als er mit etlichen Musikern aus dem Umfeld von Miles Davis wie John McLaughlin zusammenarbeitete und ebenso huldigte er zwischendurch John Coltrane mit „A Love Supreme“ und damit auch seiner spirituellen Phase.

Konzertbericht – Santana, Mainz, 2018

Doch dann legte die Band unvermittelt mit dem los, was sie am besten kann: dynamischem Latin Rock und den Hits aus der Anfangszeit von „Jingo“ über   bis „Oye Como Va“. Hier durfte man sich ohne Abstriche in die Sechziger versetzt fühlen: Jede Menge dynamische Perkussion, verzückte Gitarrensoli, der Hammondorgel-Sound, psychedelische Improvisationen. Perfekter Klang und keine Pausen zwischen den Stücken sorgten dafür, dass das Publikum völlig vereinnahmt wurde. Es dauerte sogar über eine Stunde, bis Santana mal einen Gang runterschaltete. Die Zuschauer, die ihn für den Latin Rock-Sound lieben, für den die Band steht, kamen also voll auf ihre Kosten, was vielleicht auch damit zu tun hat, dass Santana mit ihrem letzten Album „IV“ wieder an ihre Frühzeit anknüpften. Hier versammelte Carlos Santana ja kurzzeitig die Originalbesetzung aus der Woodstock-Ära.

In der neunköpfigen Band stachen besonders der Sänger Ray Greene hervor, der eine sichere Soulstimme hat, gut zum Santana-Sound passt und schon mal unisono mit seinem Leader singt, sowie Carlos Santanas Ehefrau Cindy Blackman Santana am Schlagzeug, deren Drumsolo jeden Heavy Metal-Drummer Respekt einflößen musste. Sänger Andy Vargas war für die spanischsprachigen Songs zuständig.

Konzertbericht – Santana, Mainz, 2018

Immer wieder flocht Carlos Santana bekannte Liedzitate in die Improvisationen ein wie „Paperback Writer“ von den Beatles oder den Klassiker „Summertime“. Speziell Jimi Hendrix würdigte er mit dessen „3rd Stone From The Sun“ und trug dessen Konterfei auf seiner Jacke. Bei Balladen wie „Europa (Earth’s Cry Heaven’s Smile)“ zeigte Carlos Santana, dass er schon immer auch darin ein Meister ist. Hier kommen natürlich sein legendärer Feedback-Effekt, mit dem er den Ton seiner Gitarre beliebig lang klingen lassen kann, und damit die sehnsüchtigen Töne besonders zum Tragen. Santana gehört zu den wenigen Musikern, die man sofort an ihrem Ton und ihrer Phrasierung erkennt.

Konzertbericht – Santana, Mainz, 2018

Als Carlos Santanas Erfolge Mitte der Neunziger Jahre nachließen, überredete ihn der Produzent Clive Davis, der Santana schon bei Columbia Records groß machte, bei seinem Arista Label zu unterschreiben. Das Ergebnis war 1999 Santanas bisher größter Bestseller, das Album „Supernatural“, auf dem Stars wie Wyclef Jean oder Eric Clapton mitspielten und Santana wieder bei einem jüngeren Publikum ins Gespräch brachte. Populärer R’n’B-Gesang und programmierte Rhythmen bewirkten den Erfolg, waren aber nicht unbedingt das Ding der alten Fans. Der große Hit „Maria, Maria“ daraus klang aber in Mainz eher nach Latin Pop wie auch die Stücke aus dem 2014 veröffentlichten spanischsprachigen Album „Corazón“ und die Arrangements waren live so geschickt, dass man keinen Bruch im Ablauf des Konzertes bemerken konnte. Der wiedererweckte Latin Rock-Sound, den Santana noch mal zum Schluss brachte, war die Basis für alles. Zwischendurch durften noch zwei Kinder aus dem Publikum mitrocken und mit dem Zombies-Klassiker „She’s Not There“ als Zugabe beendete Santana nach zweieinhalb Stunden ein Konzert, wie man es sich von der Band nur wünschen kann. Immerhin 52 Jahre eine Ikone der Latin Music zu sein, schafft ja auch nicht jeder.

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Hans-Jürgen Lenhart schreibt als regelmäßiger Gastautor für das deutsche Lateinamerika-Magazin Latin-Mag. Er ist Musikjournalist und seit über 20 Jahren Experte für Latin Music. In der Artikelserie Latin Music News berichtet er alle zwei Monate über Neuerscheinungen in der lateinamerikanischen Musikszene.

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